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Januar 2023
No. 17
Einige Einzelheiten über die Seele der Fälscher
Roman · Aus dem Französischen und mit einem Nachwort von Holger Fock
OT: Lisbonne dernière marge
ET: Januar 2023
Seiten: 304
Ausstattung: HC, gebunden, Lesebändchen, bedruckter Vorsatz
ISBN: 978-3-949558-14-6
Preis: € 25,00 [D] / € 25,70 [A]
Der große Roman – endlich auf Deutsch – des vielfach preisgekrönten Autors von Alto Solo (1992), Dondog (2005), Mevlidos Träume (2011), alle Ü Holger Fock.
„Dort standen die beiden, Ingrid Vogel und Kurt Wellenkind, die bewaffnete Untergrundkämpferin und der Leiter der Sicherheitsgruppe, Hüfte an Hüfte am westlichsten Punkt des atlantischen Europas; eng umschlungen lehnten sie an einer zweihundert Jahre alten Kanone und beobachteten das lautlose Gleiten der Boeing in Richtung Flughafen.“
Sie sind ein ungewöhnliches Paar – das ehemalige RAF-Mitglied Ingrid und ihr Jäger aus dem BKA, der ihr zur Flucht verhilft, hatte er sich doch beim Lesen ihrer Fahndungsakte samt Foto unsterblich in sie verliebt. Die letzten gemeinsamen Tage verbringen sie in Lissabon, der Stadt des Dichters Pessoa, der Exilanten auf der Flucht vor den Nazis, der Nelkenrevolution. Zwischen ihnen steht Ingrids Schlüsselroman, den sie im fernöstlichen Exil schreiben will und den ihr Geliebter ihren Gedanken „abliest“, raffiniert eingeflochten in die verschiedenen Erzählebenen.
Ingrids Roman im Roman spielt in einer Gesellschaft namens Renaissance, die hinter einer sozialdemokratischen Fassade von einer geheimnisvollen Macht beherrscht wird, den Bienenkörben. Sie agieren im Verborgenen und kontrollieren die von kollektivem Gedächtnisverlust befallene Gesellschaft, deren Individuen keinerlei Erinnerung an ihre Kindheit haben. Wissenschaftler und Intellektuelle forschen zu verschiedenen Zeiten in Kollektiven nach ihrer Herkunft und ihrer Geschichte. Ihr Schrifttum, niedergelegt in Archiven, bildet die dritte Handlungsebene des Romans. Ingrid verschlüsselt hier ihre Erfahrungen aus dem Untergrundkampf und erweist sich als die stärkere Akteurin, da leidensfähiger, kampferprobter: Niemand wird ahnen, dass ich eine wahre Geschichte unserer Epoche geschrieben habe.
Volodine verfolgt die literarische Strategie der Unsicherheit, nie kann der Leser, die Leserin ganz sicher sein, wo er oder sie sich befindet, da alles sich aus der Vorstellungswelt der Protagonisten entwickelt. Eins ist jedoch spürbar: Hier wirkt eine untergründige Erschütterung, die immer wieder offen als das aufbricht, was sie ist: die Folge von Gewalterfahrungen, die über die Jahrzehnte weitere Gewalt nach sich ziehen, und die Trauer um eine verlorene, vielleicht nie als solche existente Utopie (da immer schon mit der Gewalt vermählt).
Mit großer poetischer Kraft und unbezähmbarer Phantasie entwirft der Autor ein Requiem der Nachkriegswelt, in dem er der Zeit der linken Gruppen in Europa zum Abschied zuwinkt, die gängigen Totalitarismen auseinandernimmt, seiner Frustration über das Scheitern aller Revolutionen zum schmerzlichen, teils sogar erschreckend humorvollen Ausdruck verhilft. Literarische Politfiction von atemberaubendem Sog.
Pressestimmen
Blog von Tobias Gohlis | Februar 2023
Das ist der Antikrimi schlechthin: keine Aussage über Verbrechen und Wirklichkeit, reine finstere Fiktion. Selbst der Mythos der RAF, der wie ein versteinerter Tumor in der Gesellschaft steckt, wird in die Luft der Literatur aufgelöst. Das ist Volodines Kunst: Wer ihm auf seinen ausgeklügelten Pfaden folgt, bekommt das Gehirn durchgepustet, eine Ahnung, was Freiheit sein könnte.
Von Tobias Gohlis
Phantastische Verunsicherung mit Sprachen, Wirklichkeiten, Mythen, Identitäten.
Deutschlandfunk | 18. Januar 2023
Volodine, der auch Science Fiction verfasst hat, und die Romane der sowjetischen Avantgardisten Arkadi und Boris Strugatzki übersetzt hat, bedient sich der Grammatiken von Fantasy, Roman Noir, Science Fiction, Abenteuerroman und Action Thriller – alles Textsorten, die er ironisch als „Mülleimer-Literatur“ bezeichnet und die er subversiv gegen den Mainstream setzt. (...) Über die komplexe Entstehungsgeschichte dieser Ausgabe in der kleinen, exquisiten Edition Converso informiert das Nachwort von Holger Fock, der diesen im besten Sinne wahnsinnigen Roman grandios übersetzt hat.
Von Thomas Wörtche
25. Mai 2023 | FAZ Antoine Volodines Roman „Einige Einzelheiten über die Seele der Fälscher“ (faz.net)
„Volodine generiert keine Antworten, aber viele Fragen. Auch diejenige, wieso man ein Buch lesen sollte, dessen Ziel es ist, zu verwirren, (…). Hier fällt die Antwort leicht: Weil es mit enormer poetischer Kraft kreative Assoziationen, logische Kombinatorik, frei schwebende Phantasie und einen kindlichen Spieltrieb herausfordert. Volodine lädt ein zum Spiel mit dem menschlichen Geist, der auch dort Verbindungen, Strukturen und Onhalte zu konstruieren sucht, wo (vielleicht) keine sind. und liefert dabei einen Beweis für die subversive kraft literarischer Fiktion.“
Pressestimmen
„Das ist der Antikrimi schlechthin: keine Aussage über Verbrechen und Wirklichkeit, reine finstere Fiktion. Selbst der Mythos der RAF, der wie ein versteinerter Tumor in der Gesellschaft steckt, wird in die Luft der Literatur aufgelöst. Das ist Volodines Kunst: Wer ihm auf seinen ausgeklügelten Pfaden folgt, bekommt das Gehirn durchgepustet, eine Ahnung, was Freiheit sein könnte." Tobias Gohlis
„Phantastische Verunsicherung mit Sprachen, Wirklichkeiten, Mythen, Identitäten." Krimibestenliste Februar 2023
„Volodine, der auch Science Fiction verfasst hat, und die Romane der sowjetischen Avantgardisten Arkadi und Boris Strugatzki übersetzt hat, bedient sich der Grammatiken von Fantasy, Roman Noir, Science Fiction, Abenteuerroman und Action Thriller – alles Textsorten, die er ironisch als „Mülleimer-Literatur“ bezeichnet und die er subversiv gegen den Mainstream setzt. (...) Über die komplexe Entstehungsgeschichte dieser Ausgabe in der kleinen, exquisiten Edition Converso informiert das Nachwort von Holger Fock, der diesen im besten Sinne wahnsinnigen Roman grandios übersetzt hat." Thomas Wörtche, Deutschlandfunk
„Antoine Volodine zeigt, ohne jemals zu moralisieren, wohin Populismus, Volkstümelei und die Verachtung der Intellektuellen führen können.“ Josyane Savigneau, Le Monde
„… ein ebenso gefährliches wie faszinierendes Buch, etwas zugleich Obskures und Schönes, ein Rätsel, das aus einer Betonwand hervorkragt.“ Jean-Didier Wagneur, Libération
„Volodine generiert keine Antworten, aber viele Fragen. Auch diejenige, wieso man ein Buch lesen sollte, dessen Ziel es ist, zu verwirren, (…). Hier fällt die Antwort leicht: Weil es mit enormer poetischer Kraft kreative Assoziationen, logische Kombinatorik, frei schwebende Phantasie und einen kindlichen Spieltrieb herausfordert. Volodine lädt ein zum Spiel mit dem menschlichen Geist, der auch dort Verbindungen, Strukturen und Onhalte zu konstruieren sucht, wo (vielleicht) keine sind. und liefert dabei einen Beweis für die subversive kraft literarischer Fiktion.“ Cornelius Wüllenkemper, FAZ
Aus einem Interview des preisgekrönten Übersetzers Holger Fock mit Antoine Volodine:
„Es ist höchst faszinierend, eine Organisation von bewaffneten Frauen vor sich zu haben, Frauen, die sich die radikale Veränderung der Gesellschaft zum Ziel gesetzt haben, die diese Gesellschaft mit Gewalt angreifen und sich deshalb vielerlei Entbehrungen auferlegen, eine fast unmenschliche Leidensfähigkeit beweisen. (…) ein ungeheuer spannendes Thema, treffen hier doch die männlichen Elemente der Gewalt, des Politischen, der Geschichte auf die weiblichen Elemente des Poetischen, der Liebe …“