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Maria Topali
Maria Topali wurde in den 60er Jahren in Thessaloniki, Griechenland geboren. Das Haus ihrer Eltern, auf dessen Dach einige Bienenstöcke des Großvaters standen, lag an einer noch nicht asphaltierten Straße, jenseits der byzantinischen Stadtmauern im Westen der Stadt. Pferdekarren zogen vorbei, der Kontrast zum modernen Stadtzentrum war krass. Die multiethnische Vergangenheit der Stadt blieb bis Anfang des 21. Jahrhunderts tief begraben; doch jüdische und türkische Begriffe hatten als Ortsnamen und in der Esskultur überlebt. Für Marias Kinderohren hatten sie einen magischen, aber auch beunruhigenden Klang. Ähnlich erging es ihr mit dem pontischen Dialekt, der mittelalterlichen Sprache der Schwarzmeer-Griechen. Das war die Sprache ihrer Vormittage, die sie mit Großvater und Tagesmutter verbrachte, da die Eltern berufstätig waren. Kamen sie von der Arbeit zurück nach Hause, wechselte die Sprache in das normale Alltagsgriechisch.
Schon als Kind schrieb Maria Gedichte. Es war ihr Versuch, aus dem einen Ich in das andere zu übersetzen, ohne dabei die Widersprüche einzuebnen, sie unter den Tisch fallen zu lassen. Sie besuchte die Deutsche Schule in Thessaloniki, deren Gründung noch in die Zeit des osmanischen Reichs zurückreicht. Die Familie zog in den östlichen Teil der Stadt. Dialekt und Bienen blieben zurück – vielmehr sickerten ein in ihr Schreiben.
Maria Topali machte ihr deutsches Abitur und studierte Jura in Athen und Frankfurt, wo sie mit Unterstützung der Daimler-Benz Stiftung über den „Schutz des Mittelmeers vor Verschmutzung durch Festlandquellen (Frankreich, Griechenland, Tunesien)“ promovierte.
Seit 1995 lebt und arbeitet sie in Athen. Ihr fester Arbeitsplatz ist das Nationale Zentrum für Sozialforschung (EKKE). Ihre erste Gedichtsammlung, Σερβίτσιο Τσαγιού, Teeservice, erschien 1999, es folgten drei weitere Gedichtsammlungen , zwei Libretti für Musiktheater, mehrere Übersetzungen aus dem Deutschen, darunter Rilkes Duineser Elegien, eine Anthologie griechischer Lyrik aus dem 21. Jahrhundert (Deutsch, 2018, edition Romiosini; Griechisch, 2020, Antipodes). Überdies widmet sie sich seit rund 25 Jahren der Literaturkritik, schreibt Rezensionen und andere Texte für die Zeitschrift «Poiitiki» , bei der sie auch Redaktionsmitglied ist, sowie für «Kathimerini» (Sonntagsblatt).
Am liebsten spaziert sie durch die Stadt oder geht in die Berge. Flüchtende, Überlebende, Frauen und Kinder, Sprache, Körper und Identität stellen den Archipel ihrer Themen dar. Ihre zwei Kinder sind in Athen geboren.