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Juni 2024
Nr. 27
Die vorlaute Fischhändlerin
Roman
Aus dem Italienischen von Judith Krieg
ET: Juni 2024
Seiten: 320
Ausstattung: Klappenbroschur, Fadenheftung
ISBN: 978-3-949558-33-7
ISBN E-Book: 978-3-949558-39-9
Preis: 24,00 € [D] | 24,70 € [A]
Cesenatico, Romagna, 1920er Jahre. Der größte Fischhändler des Ortes, gebürtig aus Chioggia, der Perle der Adria, ist tot; seine Kollegen ziehen in eindrucksvollem Aufgebot zum Begräbnis. „Ein Truppenaufmarsch ist das, sie möchten die geballte Kraft ihres Standes zeigen, der im Ort das Sagen hat – was bei solchen Anlässen offen zutage tritt. Dann kann man sogar nachzählen, sich sozusagen davon überzeugen, dass die Fischhändler samt großen und kleinen Kalibern, Männern und Frauen, Alten und Kindern eine geschlossene Hundertschaft bilden.“ Andreana, seine Angetraute, bleibt auf einem Berg Schulden sitzen. Zur Trauer will sie Rot tragen. Tochter Anita, züchtig in Schwarz gekleidet, ist eine „Studierte“, doch ohne Ambitionen, als Volksschullehrerin zu arbeiten. Fortunato, der angebetete Sohn, macht sich rasch aus dem Staub.
„Mondo“, der jetzt amtierende größte Fischhändler wittert sein Glück, will erst seinen Sohn mit Anita verkuppeln, ehelicht jedoch schließlich selbst die Witwe. Bald gerät er in seiner Eitelkeit in die Fänge von Mascha, einer Tänzerin und Fischerstochter, die sich für die erlittenen Schikanen und Demütigungen an den Fischhändlern rächen will. Sie setzt dem erstrangigen Fischhändler einen Floh ins Ohr: eine Fischsuppen-Konservenfabrik, das sei doch die Idee der Zukunft. Mit der Umsetzung allerdings hapert es, Mondo gerät in den Strudel des Bankrotts. Das Unglück schlägt hohe Wellen über Andreana; auch die Sprösslinge wenden sich von ihr ab. Da nimmt sie, mit viel Verstand und Geschick, zudem schwanger mit Mitte vierzig, ihr Schicksal in die eigene Hand. Sie bietet der ewig zerstrittenen Gesellschaft die Stirn, setzt nun alles darauf, sich in der Männerdomäne Fischhandel zu behaupten … „Als Tochter eines Fischhändlers, Verwandte von Fischhändlern, zweifache Fischhändlergattin, traf diese Schande sie tief. Und sie wollte zum Markt gehen, dort Präsenz zeigen. Andreana würde das Heft in die Hand nehmen, sie, eine Frau, würde sich anstelle des Auktionators und seines Handlangers an die Dezimalwaage setzen und den Fischhändlerhaufen bändigen, alle würden sie sich mucksmäuschenstill aufreihen, wie die Kinder.“
Ein opulentes, an Fellini erinnerndes Panorama der italienischen Adriaküste, jenseits aller Klischees. Viel Tragisch-Komisches durchzieht die Geschichte, funkelnde Ironie bildet das perfekte Gegenstück zu jedem Pathos. Mit teils gnadenlosem Naturalismus schildert Moretti die einzigartige Welt der Fischerei, in der Fischer und Fischhändler sich wie feindliche Lager gegenüberstehen, dennoch alle an einem Strang ziehen. Die Welt der Arbeit ist ihr einziges Identitätsgerüst, was das „Mehr Scheinen als Sein“ miteinschließt. Bis die hereinbrechende Industriemoderne alles ins Wanken bringt. Ein Blick in eine untergegangene Welt, die heute noch zu uns herüberwinkt.
Pressestimmen
„Italien-Fans werden viel Spaß haben an dieser unterhaltsamen, fast hundert Jahre alten Milieustudie mit lebendigen Charakteren. (...) Morettis allwissender Erzähler wechselt zwischen den Perspektiven seiner Figuren, durchaus mit ironischem Klang, ohne sie aber lächerlich zu machen. Mit dem Chioggia-Dialekt will Moretti komische Effekte unterstreichen. Bei der Übertragung in einen deutschen Kunstdialekt hat sich die Übersetzerin Judith Krieg vom Klang und Schriftbild des Originaldialekts inspirieren lassen. (...) Es ist ihr sogar sehr gut gelungen. Überhaupt die gesamte Übersetzung dieser atmosphärischen, lebendigen Fischerwelt von 1928."
Von Christine Gorny
konkret | September 2024
„In dem Klassenkampf zwischen ‚Fischern und Fischhändlern, zwischen Mühsal und Anmaßung', sorgt die Tänzerin Mascha, wenn nicht schon für die Revolution, so doch für Rache. (...) Mit dieser frei erfundenen, tatsächlich vorlauten Figur unterscheidet sich Morettis farbenreicher, von Judith Krieg bravourös übersetzter Roman nicht nur von denen anderer Crepuscolaristen, sondern etwa auch von dem Naturalisten Giovanni Verga (...). Wie alle guten Romane lässt ‚L'Andreana' spüren, dass alles auch anders sein und enden könnte."
Von Stefan Ripplinger
FAZ | 12. September 2024
„Die Menschen, die hier zusammenkommen, wie sie sich geben und angeben, wie sie reden, fluchen und lästern, was sie essen und welche Musik sie hören, ihre Allüren und Ambitionen – das beschreibt Moretti mit poetischer Raffinesse und Ironie: ein lebendiges Porträt der kleinen Stadt wird gezeichnet, ihrer Arbeitswelt und sozialen Realität. (...) Im Titel ,Die vorlaute Fischhändlerin' klingt die kecke, wortwitzige Übersetzung von Judith Krieg, die auch für die Dialektpassagen eine originelle Lösung findet, bereits an. So bringt das Gastland Italien auch Autoren der Vergangenheit auf die Buchmesse, die noch zu entdecken und nicht nur literaturhistorisch von Interesse sind."
Von Andreas Rossmann
Pressestimmen
„Italien-Fans werden viel Spaß haben an dieser unterhaltsamen, fast hundert Jahre alten Milieustudie mit lebendigen Charakteren. (...) Morettis allwissender Erzähler wechselt zwischen den Perspektiven seiner Figuren, durchaus mit ironischem Klang, ohne sie aber lächerlich zu machen. Mit dem Chioggia-Dialekt will Moretti komische Effekte unterstreichen. Bei der Übertragung in einen deutschen Kunstdialekt hat sich die Übersetzerin Judith Krieg vom Klang und Schriftbild des Originaldialekts inspirieren lassen. (...) Es ist ihr sogar sehr gut gelungen. Überhaupt die gesamte Übersetzung dieser atmosphärischen, lebendigen Fischerwelt von 1928." Christine Gorny, WDR 5 / NDR Kultur / Radio Bremen / HR 2
„In dem Klassenkampf zwischen ‚Fischern und Fischhändlern, zwischen Mühsal und Anmaßung', sorgt die Tänzerin Mascha, wenn nicht schon für die Revolution, so doch für Rache. (...) Mit dieser frei erfundenen, tatsächlich vorlauten Figur unterscheidet sich Morettis farbenreicher, von Judith Krieg bravourös übersetzter Roman nicht nur von denen anderer Crepuscolaristen, sondern etwa auch von dem Naturalisten Giovanni Verga (...). Wie alle guten Romane lässt ‚L'Andreana' spüren, dass alles auch anders sein und enden könnte." Stefan Ripplinger, konkret
„Die Menschen, die hier zusammenkommen, wie sie sich geben und angeben, wie sie reden, fluchen und lästern, was sie essen und welche Musik sie hören, ihre Allüren und Ambitionen – das beschreibt Moretti mit poetischer Raffinesse und Ironie: ein lebendiges Porträt der kleinen Stadt wird gezeichnet, ihrer Arbeitswelt und sozialen Realität. (...) Im Titel ,Die vorlaute Fischhändlerin' klingt die kecke, wortwitzige Übersetzung von Judith Krieg, die auch für die Dialektpassagen eine originelle Lösung findet, bereits an. So bringt das Gastland Italien auch Autoren der Vergangenheit auf die Buchmesse, die noch zu entdecken und nicht nur literaturhistorisch von Interesse sind." FAZ, Andreas Rossmann