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Wie man ein Gedicht strickt
Gwyneth Lewis
Das Ganze beginnt mit einer einfachen Schlinge
und Nadeln. Mit Wort und Stift. Man legt eine Schlaufe
um nichts. Schau genau hin. Schlag an, wiederhol es,
dieses Prozedere bis hin zur Zeile,
mit der man arbeiten kann.
Es ist ein Muster aus nichts als Beziehung,
meiner Geduld, meinem Versmaß, bis triste Schleifen
ein Gewebe ergeben, das sich tragen lässt;
hast du Glück und geübt. Nie ist es zu spät
gefallene Maschen aufzunehmen, jede Lücke verweist
auf, was einen möglicherweise quält,
auch wenn ich meine mit Bändern verbinde, tue
als ob es genau so gewollt sei. Knüpf mir ein Netz
aus Sinn, das ich überall
bei mir habe, am Klang arbeite
in Zügen und schrecklichen Wartezimmern
wird Denken machbar. Erlöst
tote Winkel verfügbarer Zeit,
macht sie zu Machart. Ist eine Art Arbeit,
die dich zusammenhält. Der Hals ist zu eng,
aber mal ehrlich: Wie schau ich aus?
Aus dem Englischen übersetzt von Alissa Walser
Abgedruckt in: Kateriná Schina: Die Nadeln des Aufstands. Eine Kulturgeschichte des Strickens. Edition Converso 2022.