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Edition Converso No. 6
Ich spreche von Blau, nicht vom Meer
aus dem Arabischen von Günther Orth
mit einem Nachwort von Michael Krüger
ausgezeichnet mit dem Chamisso-Publikationsstipendium 2019
ET:
Seiten: 96
Ausstattung: Hardcover gebunden, mit Lesebändchen und bedrucktem Vorsatz
ISBN: 978-3-9819763-6-6
Preis: € 17,- [D] | € 17,50 [A]
Hussein Bin Hamzas Gedichte sprechen eine frische knappe Sprache – er meidet jegliche „orientalische“ Blumigkeit. Die Sprache ist ein Rüttelsieb, durch das er die Existenz bis auf die Knochen freilegt. Erst jene letzte Substanz findet Eingang in seine Gedichte:
NUR ZWEI HÄNDE
Nur zwei Hände warst du / bis Gott einen Körper schuf, der zu ihnen passte / Er dachte / dass du sicher etwas brauchen würdest / um dich selbst zu umarmen.
Die hier versammelten Gedichte, sind fast alle, nach einer jahrelangen Schreibkrise, in Deutschland entstanden, wo Hussein Bin Hamza, aus al-Hasaka, Nordostsyrien stammend, seit 2017 in der Nähe von Hannover mit seiner Familie lebt.
Entdeckt habe ich Hussein Bin Hamza bei den Heidelberger Literaturtagen 2018, dort trug er die ersten Gedichte aus der Serie „Der deutsche Nachbar“ vor, mit denen er uns so erfinderisch den Spiegel vorhält, und der ihn letztlich selbst unsichtbar machen soll.
SELBSTBESUCH
Niemand ist zu Hause / Mein deutscher Nachbar lebt allein / Aber alle zwei, drei Tage / verlässt er seine Wohnung / dreht eine Runde um das Haus / Ich beobachte ihn vom Fenster aus / wie er die Straße, den Hauseingang und die / Gartenmauer begutachtet / und die Adresse überprüft, als hätte er eine / Einladung erhalten / Er zögert, bevor er / den Vorgarten durchquert / die Haustür öffnet / und sich selbst besucht.
Dann zeigte er mir sein – ganz anders gewichtetes - Langgedicht „Hätten Sie doch nie die Grenzen für uns geöffnet“ (Vorschau EC Herbst 19), und seither sind wir im Dialog. Herausgekommen ist dieser schön verdichtete Gedichtband mit einem biografischen Augen öffnenden Prosatext des Autors und einem Nachwort von Michael Krüger, der auch die Verleihung des Chamisso-Publikationsstipendiums angestoßen hat.
Die Themen, an denen sich Hussein Bin Hamza abarbeitet – sind die heutigen, Flucht, Migration, Ablehnung, Fremdenhass. Doch es gibt auch viele erotisch gefärbte – beispielsweise das von der Frau, die die mehreren Frauen, die sie in sich trägt, erstmal in Zaun halten muss, um den Mann, den sie besucht, ganz allein für sich zu haben.
Oder die Anbetung einer Zahnlücke bei der Geliebten, die nur damit überhaupt richtig lächeln kann. Die Ironie, der tiefgründende Humor, nehmen wohltuend die Schärfe, wie sie dem folgenden Gedicht eigen ist:
FLÜCHTLINGE
(….) ebenjenen Messern
die wir, geschliffen
und glänzend
in Schubladen aufgehoben hatten
stachen wir sodann aufeinander ein
wie wir es in der Heimat zu tun pflegten
Pressestimmen
Hussein Bin Hamza // Ich spreche von Blau, nicht vom Meer
von MATTHIAS DITTMANN
Deutschlandfunk Kultur / Lesart
"Ich spreche vom Blau, nicht vom Meer" - Gedichte vom Ankommen im Exil, Edition Converso
Fremd wie ein übersetztes Gedicht
VON GERRIT WUSTMANN
NDR Kultur, Gemischtes Doppel | 10.2020
Buchtipps für den Herbst vom Gemischten Doppel
Pressestimmen
"Immer mehr ahnen wir jedoch, was wir versäumt haben. Denn je mehr die eigene Kultur an ihrer Beliebigkeit zu ersticken droht, desto mehr brauchen wir den Blick über den Tellerrand auf andere Kulturen. Deshalb sollten wir froh sein, dass — wenn auch unfreiwillig — uns diese andere Literatur gewissermaßen zuhause serviert wird. Wir brauchen nur zu lesen." Michael Krüger
„In Beirut, wo Bin Hamza seit 1995 lebte, war er ein angesehener Schriftsteller (…). Im deutschen Exil ist das kein Werk, auf das er sich stützen kann. (…) Also erfindet er sich als Dichter gewissermaßen neu. Er schreibt über neue Themen, die aber längst nicht nur ihn selbst berühren, sondern so viele in den letzten Jahren: die Fremdheit und die Einsamkeit, die Leere der Tage als Flüchtling, die er mit Gedichten zu füllen versucht und den Kampf gegen all diese widrigen Umstände. Seine Texte sind wichtig für ein deutsches Publikum, das gerne über Geflüchtete spricht, aber eher selten mit ihnen.“ Gerrit Wustmann, qantara.de
„,Ich spreche von Blau, nicht vom Meer‘ bewegt etwas in mir. Es ist eines der Bücher, die wie eine Axt mein persönliches gefrorenes Meer aufschlagen. Seine knappen Worte treffen, lassen mich schweigen und nachdenken. Zeigen mir eine neue Perspektive auf die Situation von Menschen aus fremden Ländern, die in Deutschland leben.“ Matthias Dittmann, tisch-und-sofa.de
Ganz besonders freuen wir uns natürlich mit unserem Autor über das Chamisso-Publikationsstipendium der Bayrischen Akademie der Künste, gestiftet von der Baur-Stiftung Burgkunstadt, das auch das Mentorat des bekannten Verlegers und Dichters Michael Krüger einschließt.
Hören Sie hier einen Beitrag des Bayrischen Rundfunks anlässlich der Verleihung des Chamisso-Publikation Stipendiums