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Seit dem Frühjahr 2020 stellen wir hier Pressemeldungen zur Verfügung. Sollten Sie einen Text zu einem älteren Titel benötigen, dann kontaktieren Sie uns gern unter presse@edition-converso.com.
Die Affaire Moro. Ein Roman:
Leonardo Sciascia in Neuübersetzung
Das Buch des großen sizilianischen Autors Leonardo Sciascia richtet ein schneidendes Licht auf die italienische Affaire: die Entführung und Ermordung (16.3.–9.5.1978) Aldo Moros, Mächtiger der Democrazia Cristiana (mehrfach Minister, Ministerpräsident; Parteivorsitzender) von Hand der Brigate rosse (und auf die Ermordung seiner vier Personenschützer). Sciascia, das Gewissen Italiens, wollte anfangs schweigen, den übermächtigen Medien kein Futter liefern. Die Entdeckung eines Glühwürmchens war der Funken an der Zündschnur: Mit dem kritischen Gedenken an und in der Fortsetzung des Denkens von Pier Paolo Pasolini setzt er ein.
Nie hatte Sciascia so klar vor Augen, welch todbringendes Instrument die Sprache ist. Was ihm das Sezieren der Briefe Moros aus seinen 55 Tagen im „Volksgefängnis“ abverlangt, ist noch heute in der Lektüre erfahrbar. Aufrüttelnd zeichnet er Moros Bewusstwerdungsprozess nach: Nur in der einst bewährten Sprache der Nichtkommunikation darf und muss dieser kommunizieren, wobei er jetzt um sein nacktes Leben kämpft. Umso flehentlicher, als er dann aus der Presse (die er dank „Kerkerethik“ zu lesen bekam) erfährt: Die „Freunde“ der DC-Riege haben ihn mit medial vereinten Kräften für verrückt erklärt, begründen so ihre höhnische Nicht-Verhandlungsstrategie, fällen sein Todesurteil. Nie war Moro gefährlicher: Nach dem von ihm vorangetriebenen historischen Kompromiss sollte sich Italiens Regierung als erstes europäisches Nato-Mitglied den Kommunisten öffnen, die eine breite Basis bei den italienischen Wählern hatten.
Zwei und zwei zusammenzählend ist Sciascias J’accuse durchdrungen von seiner auf Pirandello (auch Borges) bauenden Ironie. Die Abschweifungen in die süditalienische Esoterik und andere Grotesken – ein geniales Feuerwerk. Umso bitterer Sciascias Erkenntnis: Das Buch war längst geschrieben, als die Tragödie geschah. Der beigefügte „Bericht der Untersuchungskommission, vorgelegt von der parlamentarischen Minderheit“ (1982) konsolidiert die Wucht des Buchs. Abgefedert vom Nachwort Fabio Stassis „Der Leser als Detektiv“.
Gleichzeitig zum Erscheinen des Buches: 15. März + 16. März auf ARTE: „Und draußen die Nacht“ (Esterno notte) von Marco Bellocchio, Sechsteiler über die Entführung und Ermordung Aldo Moros
https://www.arte.tv/de/videos/RC-023478/und-draussen-die-nacht/

Leonardo Sciascia
Die Affaire Moro. Ein Roman/strong>
Mit einem Essay von Fabio Stassi
Neu aus dem Italienischen übersetzt von Monika Lustig
Seitenzahl:240 S.,
Preis: 24 € [D], 24,70 € [A] [A]
ISBN 978-3-949558-18-4
ET: ET: 15. Januar 2023
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E-Mail: presse@edition-converso.com;
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100 Jahre nach dem Bevölkerungsaustausch:
Die Wurzeln lang ziehen. Eine pontische Spurensuche nach der Kleinasiatischen Katastrophe
„Der Begriff ‚Flüchtling‘ war in Griechenland ab den zwanziger Jahren, seit der Vertreibung, und über das gesamte 20. Jahrhundert hinweg gleichbedeutend mit ‚Kleinasiate‘ bzw. ‚Pontosgrieche‘. Wenig von diesen Geschehnissen ist im europäischen Allgemeinwissen verankert.“ So schreibt die griechische Autorin und Lyrikerin Maria Topali in ihrem Memoir über die Geschichte ihrer Mutterfamilie, die aus der Pontos-Region am Schwarzen Meer stammt: Eine tastende, Lücken umkreisende Spurensuche rund um die sogenannte „Kleinasiatische Katastrophe“, die in bildmächtiger Sprache Makro- und Mikrogeschichte verbindet und, dem Faden der weiblichen Genealogie folgend, gegen das Schweigen ankämpft. Das Memoir ergänzen 28 Gedichte; ein Nachwort von Mirko Heinemann bietet eine tragfeste historische Einordnung und einen Einblick in aktuelle Debatten.
Offizielle Besiegelung der Katastrophe, die auch Topalis Familie mitriss, war nach dem Brand und dem Massaker von Smyrna die 1923 in Lausanne geschlossene griechisch-türkische Vereinbarung über den Bevölkerungsaustausch, der einzig nach dem Kriterium der Religionszugehörigkeit verlief. Das kollektive Trauma ist nach wie vor virulent: Topali sucht nach dem Aufscheinen der Vergangenheit im Alltag, beginnt nachzufragen. Schreiben heißt für sie, den unwirtlichen Ort jenes Schweigens zu verlassen, das etwa eine auf der Flucht umgekommene Großtante vor ihr verborgen hat – genauso wie die Erfahrungen ihres Großvaters im Zwangsbataillon. Topali fragt aber auch nach dem Davor und dem Danach der Katastrophe: „Wer waren die Menschen, die dich in die Welt gesetzt haben? Wer waren sie vorher? Was ist danach aus ihnen geworden?“ Der griechische Begriff „An den Wurzeln ziehen“, was „entwurzeln“ bedeutet, wird also um eine pontische Nuance – „etwas fortsetzen“ – ergänzt.
Maria Topali, die Lyrikerin, weiß um die Unzulänglichkeit des Erzählens: Es gibt Dinge, die nicht geradlinig sein können, so wie die Geschichte immer ambivalent ist: „Zum Glück haben die Dinge nie nur eine Seite.“ Dies betrifft das Leben der Frauen, die das harte Leben im Gebirge hinter sich lassen, genauso wie beide Täterseiten. Daher ergänzen Gedichte den Essay: Manche Räume vermag nur die Assoziationskraft der Lyrik angemessen zu füllen. Letztlich geht es Topali um ein Miteinander, wie es über Jahrtausende gelebt wurde (so entstand etwa auch der Name Istanbul, wie Mirko Heinemann in seinem Nachwort schreibt, aus der griechischen Redewendung Eis tin Poli – „in der Stadt“).
Maria Topali, Lyrikerin, geb. in Thessaloniki, wuchs mit Pontisch und Griechisch auf. Jurastudium in Athen und Frankfurt a. M., Veröffentlichung zahlreicher Gedichtsammlungen, Musiktheater-Libretti, Herausgabe der Anthologie Griechischer Lyrik des 21 Jh; Übersetzung v. Rilkes Duineser Elegien. Tätig am Nationalen Zentrum für Sozialforschung in Athen.
Mirko Heinemann, griechische Mutter, deutscher Vater, ist freier Journalist für zahlreiche Tages- und Wochenzeitungen, Magazine, Hörfunk. 2019 das erzählerische Sachbuch Die letzten Byzantiner über die Vertreibung der Pontosgriechen.

Maria Topali
Die Wurzeln lang ziehen. Eine Spurensuche nach der Kleinasiatischen Katastrophe
Essay und Lyrik
Mit einer historischen Einordnung von Mirko Heinemann
Aus dem Griechischen übertragen von Doris Wille und Birgit Hildebrand
Seitenzahl: 208 S.,
Preis: 24 € [D], 24,70 € [A] [A]
ISBN 978-3-949558-11-5
ET: ET: 28. Februar 2023
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Polit-Fiction aus Frankreich:
Antoine Volodines Einige Einzelheiten über die Seele der Fälscher
Im Zentrum von Antoine Volodines vielschichtigem Roman (aus dem Französischen v. Holger Fock) stehen das ehemalige RAF-Mitglied Ingrid und ihr Jäger Kurt aus dem BKA, der sich anhand ihres Fahndungsfotos unsterblich in sie verliebt hat. Dennoch oder gerade deswegen verhilft er ihr zur Flucht. In den letzten gemeinsamen Tagen in Lissabon steht zwischen ihnen Ingrids titelgebender Schlüsselroman über den Untergrundkampf, den sie im fernen Exil schreiben will. Mit großer poetischer Kraft und unbezähmbarer Phantasie entwirft Antoine Volodine ein Requiem auf die Nachkriegswelt, spielt dazu auf raffinierte Weise mit den Erzählebenen, nimmt die gängigen Totalitarismen auseinander, verpasst seiner Frustration über das zwangsläufige Scheitern aller Revolutionen einen teils schmerzlichen, teils erschreckend humorvollen Ausdruck. Literarische Polit-Fiction mit Sogwirkung.
Ingrids Roman im Roman spielt in einer Gesellschaft namens Renaissance, die hinter einer sozialdemokratischen Fassade von einer geheimnisvollen Macht beherrscht wird: Sie agiert im Verborgenen und kontrolliert die von kollektivem Gedächtnisverlust befallene Gesellschaft, deren Individuen keinerlei Erinnerung an ihre Kindheit haben. Wissenschaftler und Intellektuelle forschen in Kollektiven nach ihrer Herkunft und Geschichte. Ihr Schrifttum, niedergelegt in Archiven, bildet die dritte Handlungsebene des Romans. Ingrid verschlüsselt ihre Erfahrungen und erweist sich als die stärkere Akteurin, da leidensfähiger, kampferprobter: Niemand wird ahnen, dass ich eine wahre Geschichte unserer Epoche geschrieben habe.
Durch Volodines literarische Strategie der Unsicherheit können wir nie ganz sicher sein, wo wir uns befinden. Eins ist jedoch überall spürbar: Hier wirkt eine untergründige Erschütterung, die immer wieder offen als das aufbricht, was sie ist: die Folge von Gewalterfahrungen, die über die Jahrzehnte weitere Gewalt nach sich ziehen, und die Trauer um eine verlorene, vielleicht nie als solche existente Utopie.
Mit einem informativen Nachwort des Übersetzers Holger Fock: „Die Welt ist nicht aus Porzellan gemacht“.
Antoine Volodine, geb. 1950, vielfach ausgezeichneter Autor und Erfinder des Post-Exotismus. Übersetzungen in mehr als zehn Sprachen. Auf Deutsch bereits Alto Solo (1992), Dondog (2005), Mevlidos Träume (2011).

Antoine Volodine
Einige Einzelheiten über die Seele der Fälscher
Aus dem Französischen von Holger Fock
Mit einem Nachwort von Holger Fock
Seitenzahl: 320 S.,
Preis: 25 € [D], 25,70 € [A] [A]
ISBN 978-3-949558-14-6
ET: 18. Januar 2023
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„Papierschiffchen in der Wüste“
vom Schicksal der Jesiden und der Kraft des Geschichtenerzählens
„Die Zeichen, die der Stift auf die Seiten gesetzt … stammen aus der hohlen Hand einer aus Leibeskräften schreienden Frau“, so der Beginn von „Papierschiffchen in der Wüste“ der türkischen Autorin Ayşegül Çelik, einem „Roman in Erzählungen“, der sich den Jesidinnen und Jesiden im Südosten der Türkei widmet und dabei Wirkliches mit Mythologie und Träumen vermengt, Realität in Märchen und wieder zurückverwandelt. Die dicht verwobenen Geschichten erzählen aus einem Grenzgebiet, wo Menschen unterschiedlicher Religionen, Ethnien und Sprachen leben. Und sie machen Mädchen und Frauen zu ihren Protagonistinnen: Frauen, die sich auf ihre je eigene Weise selbst ermächtigen.
Den Anfang macht Afsun, die Geschichtenerzählerin: Schon ihre Mutter hat immerzu auf Zettel gekritzelt, ist jedoch darüber wahnsinnig geworden, dass ihre ältere Tochter, Afsuns Schwester, als Kinderbraut auf der anderen Seite der Grenze verschwand. Diese Schwester taucht nun in Afsuns erster Erzählung auf und webt um ihr Leben. In den folgenden Geschichten wechseln die Perspektiven, uns bereits bekannte Figuren ergreifen das Wort und geben es wieder weiter. Da fliegen Pfaue aus Teppichen auf und davon, ein Sprachklempner erschafft trennende, aber auch verbindende Wörter, wir erfahren von Versklavung der Frauen und weiblicher Widerstandskraft, von Beduinen, Dorfbewohnern und Schmugglern, von Blutrache und einem Zauberwald, der denjenigen, Männern wie Frauen, die ein anderes Leben wünschen, eine gemeinsame Zukunft ermöglicht. Die Unterdrückten und Vertriebenen erhalten hier eine Stimme, werden in ihr Recht versetzt und zeichnen selbst eine lebenswerte Utopie. Ein hochpoetisches Buch über die Bedeutung des Geschichtenerzählens und die Rettung durch die Fantasie, ein Plädoyer für ein selbstbestimmtes Leben, das auch uns in mancherlei Hinsicht den Weg aus der Wüste zu weisen vermag. Mit einem informativen Nachwort der Übersetzerin Sabine Adatepe.
Ayşegül Çelik ist Autorin mehrerer Erzählbände, Lyrikerin und Essayistin. Sie arbeitet für Film, TV und Radio und schreibt Opernlibretti. An der Universität Ankara lehrte sie Mythologie und Weltliteratur. Sie lebt auf der Halbinsel Datça, wo Mittelmeer und Ägais zusammenfließen. 2008 Literaturförderpreis Notre Dame de Sion. 2010 Yunus-Nadi-Erzählpreis.

Ayşegül Çelik
Papierschiffchen in der Wüste
Aus dem Türkischen und mit einem Nachwort von Sabine Adatepe
Seitenzahl: 144 S.,
Preis: 22,00 € [D], 22,70 € [A]
ISBN 978-3-9822252-9-6
ET: 2. August 2022
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Wenn Literatur die Realität kapert:
Ich töte wen ich will von Fabio Stassi
Ein Krimi um den römischen Bibliotherapeuten Vince Corso
Vince Corso hat einen ungewöhnlichen Beruf: Er ist Bibliotherapeut, leistet Lebenshilfe durch Buchempfehlungen. Eines Tages findet er seine kleine Behausung in der römischen Via Merulana verwüstet vor, Bücher und Platten sind verstreut und zerstört, sein Hund vergiftet. Gibt es eine Verbindung zur Mordserie, die Rom erschüttert, Untaten, die immer dann geschehen, wenn Vince in der Nähe ist? Und was hat es mit dem seltsamen Blinden auf sich, der ihm ständig über den Weg läuft? Unfreiwillig wird Vince zum Ermittler und steht bald selbst unter Verdacht, während vor seinen Augen Fiktion und Realität verschwimmen.
In Ich töte wen ich will, erster Band einer Krimireihe um Vince Corso, treibt Fabio Stassi ein raffiniertes Spiel: Da kullern Köpfe unter Straßenbahnen hervor, wird reichen Damen in der Via Merulana die Kehle aufgeschlitzt, ein Häftling namens Queequeg schreibt an Vince aus der Haftanstalt Regina Coeli, französische Chansons geleiten uns durch die Kapitel und der melancholische Vince selbst ist ein Suchender, schreibt regelmäßig Briefe an den Vater, den er nie kennengelernt hat. Ein vielschichtiges Buch, das Höchstspannung mit dem Vergnügen der literarischen Spurensuche verbindet und die Leser durch seine dichte Atmosphäre in den Bann zieht. Und nicht zuletzt ein Buch für alle, die einem Rom jenseits der Klischees verfallen sind – auch eine Liste von Vince Corsos Spaziergängen durch die Stadt ist zu finden.
Fabio Stassi, geb. in Rom in einer Familie von Weltenwanderern, stellt das Thema der mehrfachen Identität in den Mittelpunkt seiner literarischen Suche. Seine Vorbilder sind Leonardo Sciascia, Gesualdo Bufalino, Vincenzo Consolo. Mit der fiktiven Biografie von Charlie Chaplin L’Ultimo Ballo di Charlot, deutsch Ein Pakt fürs Leben, übersetzt in 19 Sprachen, schaffte er den internationalen Durchbruch.

Fabio Stassi
Ich töte wen ich will
Aus dem Italienischen von Annette Kopetzki
Seitenzahl: 304 S.,
Preis: 22 € [D], 22,70 € [A]
ISBN 978-3-9822252-8-9
ET: 24. Februar 2022
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Zwei Neuerscheinungen zu Pier Paolo Pasolinis 100. Geburtstag am 5. März 2022
Am 5. März 2022 wäre Pier Paolo Pasolini hundert Jahre alt geworden: Im Andenken erscheinen in der Edition Converso zwei Bücher, die neue Perspektiven auf den großen italienischen Intellektuellen eröffnen und zeigen, wie lebendig, facettenreich und auch unbequem sein Werk heute noch ist.
„Der Torschützenkönig ist unter die Dichter gegangen“ von Valerio Curcio – samt einem Vorwort von Moritz Rinke und einem Interview mit Dacia Maraini – nimmt Pasolinis Fußball-Leidenschaft in den Blick: Da sind seine Liebe zum FC Bologna; seine eigenen Erfahrungen als Spieler – auf kleinen Plätzen der römischen Vorstadt wie in großen Stadien mit der Nationalmannschaft aus darstellenden Künstlern; die Spuren, die der Fußball in seinem Werk hinterlassen hat; seine Arbeit als Sportreporter; und seine originellen Beiträge zur Rolle des Fußballs als letztem religiösen Ritus der zeitgenössischen Gesellschaft. Im Fußball schöpft Pasolini Kraft und Inspiration – und er versteht ihn als universelle Sprache, als Mittel des Austauschs und der sozialen Teilhabe.
Im Juni 1942 verfasst der 20-jährige Pasolini den Bericht „Italienische Kultur und europäische Kultur in Weimar“, in dem er sich mit verblüffenden Einschätzungen zur Teilnahme an der „Kulturkundgebung der Europäischen Jugend Weimar – Florenz (18.–23. Juni 1942)“, veranstaltet von der Reichsjugendführung, bekennt. Bricht Pasolini ahnungslos ins Nazideutschland auf? Genügt ihm der Glaube an einen natürlichen Antagonismus zwischen Politik und Kultur? Ausgehend von diesem Text – der vielerlei Umdeutungen erfahren hat und hier erstmals in Übersetzung vorliegt – beschreibt „Eine Jugend im Faschismus“ (mit Beiträgen von Florian Baranyi und Monika Lustig) ein biografisches, historisches und kulturelles Spannungsfeld und hinterfragt die Mechanismen hinter der Entstehung des „Mythos Pasolini“.

Valerio Curcio
Der Torschützenkönig ist unter die Dichter gegangen – Fußball nach Pier Paolo Pasolini
Mit einem Vorwort von Moritz Rinke
Aus dem Italienischen von Judith Krieg
Mit zahlreichen Abbildungen
Seitenzahl: 190 S.,
Preis: 20,00 € [D], € 20,70 [A]
ISBN 978-3-9822252-6-5
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Florian Baranyi, Monika Lustig:
Pier Paolo Pasolini. Eine Jugend im Faschismus
Mit dem Originaltext „Italienische Kultur und europäische Kultur in Weimar“
Seitenzahl: 128 S.,
Preis:18,00 € [D], € 18,50 [A]
ISBN: 978-3-9822252-7-2
ET: Anfang April 2022
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Die Nadeln des Aufstands: eine politisch-rebellische Kulturgeschichte des Strickens
In ihrer kenntnisreichen Kultur- und Sozialgeschichte des Strickens (und Häkelns) wendet sich die griechische Autorin Katerina Schiná mit immer aufs Neue aufblitzendem Humor unterschiedlichsten Facetten ihres Gegenstands zu: Betrachtet werden etwa die rebellischen Seiten des Handwerks anhand von Frauengestalten der Mythologie, den tricoteuses der Französischen Revolution oder den Aktivistinnen der Gegenwart, der kontemplative Charakter des Strickens als Selbstfindung, die Überwindung von Rollenklischees durch strickende Männer wie Präsident Roosevelt oder die Verflechtung des Strickens mit der Musik, der Lyrik, der Mathematik und der Ökologie.
Als Katerina Schiná in den siebziger Jahren ihre Leidenschaft fürs Stricken entdeckte, rümpften die griechischen Feministinnen die Nase. Schiná hielt unbeirrt am Strickzeug fest, entdeckte im Handwerk einen Kern der Selbstermächtigung („Mein Pullover bin ich“), stieß auf Anna Zilboorgs Knitting for Anarchists. Dieser individuelle Ansatz bildet den Auftakt ihres Buches. In der Folge betrachtet sie den kontemplativen Charakter des Strickens als Prozess der Selbstfindung und spinnt einen historisch-politischen Bogen von den Frauengestalten der Mythologie bis hin zu politischen Künstlerinnen aus aller Welt, etwa zum Pink Tank von Marianne Jørgensen: Strickdeckchen aus der ganzen Welt, über den Militärpanzer geworfen, machen diesen manövrierunfähig; oder zu griechischen Künstlerkollektiven, deren Strickmustern die Daten des Arbeitsamtes zugrunde liegen. Weitere Kapitel zeigen überraschende Verbindungen zu Musik, Mathematik und Ökologie: So dient das Häkeln etwa der Visualisierung mathematischer Formeln oder dem Protest gegen das Korallensterben. Mit Klischees über ein vermeintlich weibliches Handwerk bricht Schiná im Kapitel Eine männliche Kunstfertigkeit, in Ein warmer Pullover gegen den Kalten Krieg schildert sie die Rolle des Strickens in Kriegszeiten und in der Friedensbewegung.
Zahlreiche Abbildungen und eine Auswahl themenspezifischer Gedichte, teils in Neuübersetzung, runden den Band ab.
Katerina Schiná (Jg. 1956) ist Autorin, Literaturkritikerin und Übersetzerin (u. a. Toni Morrison, Philip Roth, J. C. Oates). Die Nadeln des Aufstands wurde 2015 mit dem griechischen Staatspreis für Essay und Sachbuch ausgezeichnet.

Katerina Schiná
Die Nadeln des Aufstands. Eine Kulturgeschichte des Strickens
A d. Griechischen übersetzt und hrsg. v. Doris Wille Gedichtübertragungen aus d. E. von Alissa Walser
Mit zahlreichen Abbildungen
Seitenzahl: 216 S.,
Preis: 28 € [D], 28,70 € [A]
ISBN 978-3-9822252-5-8
ET: 1. Aufl. Okt. 2021 / 4. Aufl. April 2022
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Maria Attanasio: Stark wie nur eine Frau
Ein sizilianischer Beitrag zur Identitätsdebatte, ein Schreiben wider das Vergessen
Sizilien, Caltagirone, an der Schwelle vom 17. zum 18. Jahrhundert. Die Bevölkerung ist gebeutelt von Hungersnöten, Erdbeben, den Mächtigen, der Spanischen Inquisition. In diesem Szenario spielt Stark wie nur eine Frau mit seinen Erzählungen über zwei sehr unterschiedliche Frauen, denen Maria Attanasio in historischen Quellen begegnet ist: Da ist einerseits die schöne, analphabetische Bäuerin Francisca, andererseits die gebildete Adlige Ignazia. Beide widersetzen sie sich, unter Lebensgefahr, den Konventionen und Geschlechterrollen ihrer Zeit.
In Wir schrieben das Jahr 1698 und in der Stadt trug sich Denkwürdiges zu sieht Francisca sich nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes gezwungen, Männerkleidung anzulegen: Nur so kann sie auf dem Feld Seite an Seite mit den Tagelöhnern arbeiten. Sie wird denunziert und landet vor dem Inquisitor. Doch dieser, selbst eine unkonventionelle Figur, trifft eine überraschende Entscheidung … Ignazia in Der Glanz des Nichts wiederum will sich, fast noch ein Kind, das Singen nicht verbieten lassen; das Verbot treibt ihr widerständiges Wesen erst richtig hervor. Sie verweigert alle „weiblichen“ Betätigungen, widmet sich der asketischen Pflege ihres Geistes. Doch gerade der Schönheit dieses Geistes wird der deutsche Graf Trahun hoffnungslos verfallen.
Mit den Mitteln einer Poetin rettet Maria Attanasio diese Frauenfiguren vor dem Schweigen einer männlich geprägten „großen“ Geschichtsschreibung: Sie spricht von der „Genealogie der Mütter“, der sie mit ihrem Schreiben eine Form verleiht. Ihre Spurensuche zeigt uns Frauen, die darum kämpften, sie selbst sein zu können. Franciscas und Ignazias Denken und Handeln sind auch aus heutiger Sicht von frappierender Konsequenz. In ihrem Nachwort hinterfragt Monika Lustig die Fragment bleibenden Bilder vom Kosmos Sizilien, der in Namen wie Siculia immer schon weiblich war.
Für ihre Erzählungen wurde Maria Attanasio, die mit Sciascia, Camilleri und Piazzese zur „sizilianischen Schule“ zählt, mit dem Premio Piero Chiara 2020 ausgezeichnet.

Maria Attanasio
Stark wie nur eine Frau
Erzählungen
Aus dem sizilianischen Italienisch von Judith Krieg und Monika Lustig
Mit einem Nachwort von Monika Lustig: Von der Überlegenheit des weiblichen Geschlechts
Seitenzahl: 156 S.,
Preis: 20 € [D], 20,60 € [A]
ISBN 978-3-9822252-2-7
ET: 15. September 2021
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Politischer True Crime aus Slowenien: Du existierst nicht von Miha Mazzini
Zala, eine junge slowenische Erzieherin, trifft im Krankenhaus zur Entbindung ein. Doch aufgenommen wird sie erst nach dramatischen Szenen, denn: Im Computerverzeichnis existiert sie nicht. Innerhalb kürzester Zeit nimmt die Realität kafkaeske Dimensionen an: Auf einmal ist Zala eine Fremde und ihr Kind frei zur Adoption. In Du existierst nicht erzählt Miha Mazzini eine packende und verstörende Geschichte mit realem Hintergrund: 1992 wurden 25.000 Einwohner Sloweniens, diejenigen mit dem „falschen“ Geburtsort, einfach aus den Registern gelöscht und fanden sich als illegale Einwanderer wieder. Das Buch liegt der preisgekrönten Doku-Fiction Erased (2018) zugrunde, bei der Mazzini Regie geführt hat.
Zala kämpft um ihr Kind und gegen Windmühlen: Zur Seite stehen ihr dabei Nikola, ein anderer „Ausgelöschter“, und der verheiratete Amerikaner Mark, ihre geheim gehaltene Liebe. Auch zu ihrem Vater, dem ehemals stolzen Militär und Kommunisten, den der Zerfall des jugoslawischen Reichs tief getroffen hat, nimmt sie wieder Kontakt auf. Mit seinen Figuren entwirft Mazzini ein Mosaik der Gesellschaft im damals noch jungen Staat Slowenien. Doch die Auslöschung ist ein grenzübergreifendes Phänomen, wie es der Amerikaner Mark im Roman auf den Punkt bringt: „Ich habe mich erkundigt, allein in Europa gibt es 300.000 Gelöschte, weltweit zehn Millionen. Ich hätte nie gedacht, dass Regierungen das so gerne machen. Die Öffentlichkeit protestiert nicht. Solange sie nicht selbst betroffen sind, interessiert es nicht, und wenn doch, dann ist es zu spät.“
„Lassen Sie es mich klipp und klar sagen: Die Gründe für die Auslöschung waren zutiefst rassistisch.“ Miha Mazzini in seinem Nachwort zu Du existierst nicht
Die Werke des slowenischen Schriftstellers, Drehbuchautors und Regisseurs Miha Mazzini wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt, darunter ins Englische, Französische, Italienische und Türkische. Bis heute wurden ihm knapp dreißig Auszeichnungen für seine literarisches und filmisches Werk verliehen.

Miha Mazzini
Du existierst nicht
Aus dem Slowenischen von Ann Catrin Bolton Mit einem Nachwort von Miha Mazzini
Seitenzahl: 316 S.,
Preis: 23 € [D], 23,70 € [A]
ISBN 978-3-9822252-3-4
ET: 15. September 2021
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Die lustlosen Touristen von Katixa Agirre
Eine Reise durchs Baskenland: Die lustlosen Touristen von Katixa Agirre
„Nehmen wir an, du möchtest – und jetzt aber richtig! – mein Land kennenlernen, meine Wiege, den Ursprung von all dem. (…) Meinen Ruin, um es mal klar zu sagen. Aber das weißt du noch nicht. Du wirst es schon noch rausfinden. Zu gegebener Zeit. Das macht die Reise ja letzten Endes aus, Selbsterkenntnis mit allem Drum und Dran.“ So beginnt die Baskin Ulia einen Liebesbrief an ihren Mann Gustavo, einen Brief, der gleichzeitig eine durchs Baskenland führende Road Novel ist. Eine Reiseerzählung mit vielen überraschenden Wendungen, die in beschwingt-sarkastischem Ton Verletzungen und Leerstellen umkreist, Themen wie Terror, Herkunft, Zugehörigkeit, Engagement, die Bedingungen eines Scheiterns oder Gelingens der Liebe behandelt und dabei nie ihre Leichtfüßigkeit verliert.
Ulia ist gescheiterte Mezzosopranistin, nun Doktorandin in Musikwissenschaften, Gustavo ein erfolgreicher Jurist und Genussmensch. Kennengelernt haben sie sich in der Metro, am Tag der Terroranschläge in Madrid. Sie verlieben sich, heiraten bald, kein Blatt scheint zwischen sie zu passen. Doch auf der Reise in Ulias Heimat zeigt sich, dass jeder der beiden etwas zu gestehen hat. Kunstvoll verwebt Katixa Agirre verschiedene Ebenen: Da sind das Paar Ulia und Gustavo, ihre Liebe zur Musik und zum Essen, die Geschichte von Ulias Mutter und Vater, von dem sie dachte, er wäre vor ihrer Geburt gestorben, der jedoch seit Jahrzehnten als verurteilter ETA-Aktivist im Gefängnis sitzt. Ulia promoviert zudem über den Komponisten Benjamin Britten – Szenen aus dessen Leben werden eingeflochten, sein Pazifismus wirft zusätzliche Fragen nach Positionierung und persönlicher Verstrickung auf. Ein Roman, der das Komponieren nicht nur inhaltlich und metaphorisch aufgreift, sondern auch handwerkliche Parallelen aufweist, mit Motiven, Variationen arbeitet, bis hin zum „Duett“ des Liebespaars, dem gegenseitigen Geständnis gegen Ende. Eine Autorin mit unverwechselbarem Ton und präzisem Blick, eine Reise mit nachklingendem Soundtrack.
Katixa Agirre bekennt sich, obwohl „kleine Sprache“ und „Minderheitenliteratur“, zum Schreiben auf Baskisch. Ihre Werke wurden bereits in 10 Sprachen übersetzt, Die lustlosen Touristen (Original: Atertu Arte Itxaron) hat sie selbst ins Spanische übertragen. Der Roman wurde 2015 mit dem Premio 111 Akademia ausgezeichnet. Silke Kleemann erhielt für ihre Übersetzung ins Deutsche das Übersetzerstipendium des Freistaats Bayern 2020.

Katixa Agirre
Die lustlosen Touristen
Aus dem Spanischen von Silke Kleemann
240 S., 20 € [D], 20,60 € [A]
ISBN 978-3-9822252-1-0
ET:11. März 2021
Pressekontakt und Rezensionsexemplare:
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Tel: 0721 4908 35 35
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Chaza Charafeddine: Beirut für wilde Mädchen
„Als ich klein war, wünschte ich mir, ein Junge zu sein. Als Jugendliche wollte ich mich dem bewaffneten Kampf anschließen; später wünschte ich mir nur noch einen Ort, an dem ich bleiben kann. Nichts von alledem ist Wirklichkeit geworden. Dennoch, manches wollte ich nie anders haben: meine Familie, meine Sprache und mein verfluchtes Land.“ So schreibt die libanesische Autorin Chaza Charafeddine in Beirut für wilde Mädchen: eine literarische Autobiographie, in der sie aus Sicht eines Kindes, später einer Jugendlichen ihr Aufwachsen im kulturellen und religiösen Schmelztiegel Libanon schildert, mit allen Umbrüchen und Radikalisierungen seit den 70er- und 80er-Jahren. Mit 18 geht sie in die Schweiz und nach Deutschland: Heimat wird ihr nun die Sprache. In seinem Nachwort erläutert Stefan Weidner die literarischen Zusammenhänge und historisch-politischen Hintergründe, von der Gründung des Libanon bis zur Explosion im Beiruter Hafen 2020.
Die Erzählerin besticht durch ihren ironisch-unangepassten Blick auf die vielen, auch tragisch-irrsinnigen Widersprüche des politischen und familiären Lebens: Ihr Freiheitshunger nimmt seinen Anfang in einer katholischen „Christenschule“ in Beirut, wohin die Eltern, eine schiitische Familie, sie und ihre Geschwister schicken, gemäß ihrem Bedürfnis, Teil der Moderne zu sein. Doch der Ausbruch des Bürgerkriegs treibt die Familie in den Rückzug: Sie suchen Zuflucht in ihrer Identität als Schiiten. Die Tochter politisiert sich und bewahrt gleichzeitig einen unbestechlichen Individualismus. Grund für ihre Auswanderung ist ebenfalls der Wunsch einer „Nur-als Mädchen-Geborenen“, allen beengenden Traditionen zu entfliehen. Ihr kritischer Blick verbindet weiterhin Kulturen und treibt dabei die Brüche ihrer traumatisierten Wahlheimat hervor.
Chaza Charafeddine ist 1964 in Tyros im südlichen Libanon geboren und in Beirut aufgewachsen. Sie hat Pädagogik und Tanz studiert, bevor sie zur Kunst und zum Schreiben fand; obwohl sie sich in vier Sprachen bewegt, verlässt sie sich beim Schreiben nur auf ihre erste Sprache, das Arabische. Mit ihrer Kunst bezieht sie stets Position und ist in Galerien weltweit vertreten. Ihre Texte sind in Anthologien und Magazinen erschienen. Heute lebt Chaza Charafeddine in Deutschland und im Libanon.

Chaza Charafeddine
Beirut für wilde Mädchen
Autobiographischer Roman in zwei Teilen
Aus dem Arabischen von Günther Orth
Mit einem Nachwort von Stefan Weidner
160 S., 18 € [D], 18,60 € [A]
ISBN 978-3-9822252-0-3
ET: 8. Januar 2020
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Zu Leonardo Sciascias 100. Geburtstag am 8. Januar 2021
Neuerscheinung „Ein Sizilianer von festen Prinzipien“ präsentiert essayistische Erzählungen in Erstübersetzung
Am 8. Januar 2021 wäre Leonardo Sciascia hundert Jahre alt geworden. Unsere Gegenwart hätte reichlich Stoff bereitgehalten für den sizilianisch-europäischen Intellektuellen mit dem aufklärerisch-politischen Antrieb und dem untrüglichen Blick für gesellschaftliche Fehlentwicklungen. Wir können uns weiter an sein Werk halten und von ihm lernen, unter die Oberfläche zu schauen, uns von der Vernunft leiten zu lassen.
Leonardo Sciascia wurde zunächst mit Kriminalromanen wie Der Tag der Eule und Todo modo oder das Spiel mit der Macht bekannt, in denen er die Verbindungen zwischen Politik und organisierter Kriminalität freilegte. Doch die Engführung des Blicks auf diese Bücher – so innovativ sie als Demontage des Kriminalgenres auch waren – wird dem Autor nicht gerecht: Zu den größten Höhen schwang er sich mit seinen literarisch-historisch-soziologischen Essays und Romanen auf, mit seinen Rekonstruktionen und Fallbeschreibungen in Nachfolge Manzonis. Jahrzehntelang war er eine der prägenden intellektuellen Figuren Italiens, schrieb in allen Genres. So entstand etwa „Die Affäre Moro“, ein Pamphlet, in dem er darlegte, wie die Christdemokraten ihren Vorsitzenden im Stich gelassen hatten. Als pointierter, teils provokanter Kommentator in den großen italienischen Zeitungen war er bekannt und gefürchtet, auch in Frankreich und Spanien, wo er regelmäßig publizierte.
Als Hommage an den Mann mit dem unabhängigen Geist und der spitzen Feder erscheint am 8. Januar 2021 ein Ein Sizilianer von festen Prinzipien: ein Band mit zwei literarischen Fallbeschreibungen, Tod des Inquisitors und Der Mann mit der Sturmmaske. Die Beschreibung eines Falls aus der Zeit der Spanischen Inquisition in Sizilien lag Sciascia von all seinen Texten besonders am Herzen: Sie bildet einen Angelpunkt seines Werks, das sich stets um das Problem der Gerechtigkeit dreht. Im Zentrum des Essays steht der als Häretiker angeklagte Mönch Fra Diego La Matina, der seinem Folterer, dem Inquisitor, den Schädel einschlug und dafür auf dem Scheiterhaufen landete. Doch wieso wurde der Geistliche überhaupt verfolgt? Was warf ihm die Inquisition vor? Diese war damals die mächtigste aller Organisationen, stand über Verfassung, König und Papst und wurde gestützt von 1000 familiari, Delinquenten auch aus den obersten Gesellschaftsschichten.
Sciascia heftet sich auf die Spuren eines Menschen mit sozialem Gewissen und analysiert dabei das Unrechtssystem der Inquisition, die „weit davon entfernt ist, nicht mehr in der Welt zu existieren“. Entsprechend hält der Text ein Instrumentarium für die Nachwelt bereit: Wie erkennen wir Mechanismen der Macht, Gefahren, die aufkommen, wenn es keine regulierenden Instanzen gibt? Wie benennen wir die Fehler der Vergangenheit und erkennen sie in der Gegenwart wieder? Wie halten wir die Freiheit des Individuums hoch, wie die Wehrhaftigkeit der Demokratie? Diese Fragen sind nach Sciascia jedem von uns aufgegeben. Abgerundet wird der Band durch den biographischen Essay Klarheit, Vernunft und Häresie von Maike Albath und die Abhandlung Ironie – ein sizilianisches Instrument des Überlebens von Santo Piazzese.

Leonardo Sciascia
Ein Sizilianer von festen Prinzipien
Essayistische Erzählungen.
Aus dem Italienischen von Monika Lustig unter Verwendung einer Übersetzung von Michael Kraus.
Mit einem Grußwort von Monika Lustig.
192 S., 23 € [D], 23,70 € [A] ISBN 978-3-9819763-9-7
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Maja Gal Štromar: Denk an mich, auch in guten Zeiten
Es gibt … nur eine Wahrheit, wir alle haben Väter. Und der können wir nicht entkommen. Diese Erkenntnis bildet den Unterstrom von Denk an mich, auch in guten Zeiten der slowenischen Autorin Maja Gal Štromar, ein „Brief an den Vater“ aus weiblicher Hand. In den fünf Tagen zwischen Tod und Beisetzung umkreist die Schreibende die Figur ihres verstorbenen Vaters: Sie formt eine bildmächtige Stimme, eine mal dahinbrausende, mal tastend-assoziative, jedoch immer hypnotische Erzählbewegung, um den ins Netz zu bekommen, der sich zu Lebzeiten stets entzog und nun sogar mit seinem Versprechen einer Unendlichkeit gebrochen hat.
Wer war er, der großzügige „König“, der es nach außen hin allen rechtmachte, für alles und jeden Verantwortung übernahm, sich hinter den Kulissen, der eigenen Familie gegenüber aber schweigsam zurückzog oder trunken wütete? Der „Herzenswaise“, der nichts lieber sein wollte als ein Sohn? Sein eigener Vater, ein Widerstandskämpfer, wurde kurz nach seiner Geburt ermordet, in der persönlichen Geschichte scheinen die blinden Flecken der mitteleuropäischen Historie auf. Und während die Erzählerin nach dem Vater tastet, erschafft sie sich selbst neu: Wie im Theater finden wir in ihrem selbstironischen Monolog die Rollen der Trauernden und Glücklichen, der Tochter, Schwester, Braut, Kontrahentin, Rivalin, folgsamen Pionierin in einer Person vereint. Am Ende ist ihr das scheinbar Unvereinbare gelungen: loszulassen und zugleich anzunehmen. Sie hat sich befreit, das Haus der Kindheit niedergebrannt, das Vermächtnis des Vaters ausgegraben, sich aufs Verzeihen zubewegt.
Maja Gal Štromar, geboren 1969 in Novo Mesto, lebt in Ljubljana. Sie ist eine echte Renaissancenatur: Schauspielerin, Theater- und Filmregisseurin, Dichterin, Romanschriftstellerin, Übersetzerin. Für den hier in Übersetzung vorgelegten Roman wurde sie von der Kritik gefeiert; ihr Roman Ženska drugje kam in die Auswahlliste für den Kresnik-Literaturpreis – Bester Roman des Jahres 2017.

Maja Gal Štromar
Denk an mich, auch in guten Zeiten
Roman. Aus dem Slowenischen von Ann Catrin Bolton mit einem Nachwort von Slavo Šerc
208 S., 20 € [D], 20,60 € [A]
ISBN 978-3-9819763-8-0
ET: 18 September 2020
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Ausführliche Notizen über den kuriosen Fall des Paolo Ciulla aus Caltagirone
Paolo Ciulla, größter Geldfälscher der italienischen Geschichte, landet 1923 in Catania auf der Anklagebank: Er hat eine Flut von Blüten, schöner als das Original, auf den bedürftigen Teil der sizilianischen Bevölkerung niedergehen lassen. Wie konnte aus dem hochtalentierten Maler ein moderner Robin Hood werden, der schließlich im Armenhaus endet?
Die sizilianische Autorin Maria Attanasio heftet sich in ihrem Roman auf die Spuren eines überreichen Lebens, Kaleidoskop politischer und künstlerischer Utopien und historischer Umbrüche, das unserer Krisenzeit einen Spiegel vorhält: Vom Sizilien des 19. Jahrhunderts, geprägt vom Kampf um soziale Gerechtigkeit, zieht es Ciulla – den Maler, Pionier der Fotografie, Sozialisten – nach der Niederschlagung der Arbeiter- und Bauernbewegung ins Paris von Picasso und Modigliani, mit der Auswandererwelle nach Südamerika und wieder zurück nach Catania. Ein Roman über eine in jeder Hinsicht eigenwillige Figur, die in einer Zeit der Epidemien, der Bankenskandale, der großangelegten Fälschungen und gesellschaftlichen Erdrutsche ihre Kunst zu Hilfe nimmt, um den Menschen gerecht zu werden. Ein System zu untergraben, dessen Mechanismen auch heute bestens bekannt sind: „Die Welt ist eine des Betrugs, der Fälscher hält ihr nur den Spiegel vor.“ Und gleichzeitig ein Roman über Leidenschaften und die Unmöglichkeit einer Flucht vor sich selbst: Paolo Ciulla lebt seine Homosexualität generös aus und sucht sie doch zu verbergen.
So vielschichtig wie ihre Figur ist auch Maria Attanasios fabulierende Geschichtsschreibung im Geiste einer Ästhetik des Widerstands, die immer ein Anschreiben wider das Vergessen ist: wider die Auslöschung individueller Schicksale, wider die blinden Flecken der offiziellen Historie, wider die Launen des Zeitgeists. Hierbei geht es auch um einen anderen Blick auf Sizilien, das entgegen abgeschmackter Urteile ein Land der kämpferischen Vordenker ist. Für den Roman über Paolo Ciulla erhielt die vielfach preisgekrönte Dichterin, Romancière und Essayistin den Superpremio Elio Vittorini.

Maria Attanasio
Der kunstfertige Fälscher
Ausführliche Notizen über den kuriosen Fall des Paolo Ciulla aus Caltagirone
Aus dem sizilianischen Italienisch von Michaela Wunderle und Judith Krieg
224 S., 18 € [D], 18,60 € [A]
ISBN 978-3-9819763-7-3
ET 1. September 2020
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Ich lebte so fremd / wie in einem übersetzten Gedicht: Wählt sich ein syrisch-kurdischer Dichter das als Motto seiner Sammlung von Gedichten, die zum größten Teil, nach langer Schaffenskrise noch in der Heimat, in Deutschland dann entstanden sind, fällt dem gebannten Leser unmittelbar die Rolle des Navigierenden zwischen den zwei Polen zu: Das Über-setzen in Ich spreche von Blau, nicht vom Meer ist ein dialogträchtiger Akt der Ichwerdung unter rauen Bedingungen. Und doch bricht bei Hussein Bin Hamza auch aus den feinsten Ritzen seines Dichterboots immer wieder Humor sich Bahn, besonders in dem Teil, der dem Deutschen (Nachbarn, Sprache, Mitmenschen) gewidmet ist. Stolz wirft er, der sich gerne auf dem Teppich der deutschen Sprache ergeht, auch die ganz heutigen, schmerzlichen Themen – Flucht, Ablehnung, Fremdenhass – in das Rüttelsieb seiner Sprache, durch das er die Existenz bis auf die Knochen freilegt. Am Ende muss er „etwas in Händen halten“, ganz ohne orientalische Blumigkeit findet jene letzte Substanz Eingang in seine Gedichte. Meisterlich geht er die ewigen Themen – Gott, Dichtung und Eros an:
NUR ZWEI HÄNDE
Nur zwei Hände warst du / bis Gott einen Körper schuf, der zu ihnen passte / Er dachte /
dass du sicher etwas brauchen würdest / um dich selbst zu umarmen.
Hussein Bin Hamza ist in al-Hasaka im Nordosten Syriens geboren und später nach Beirut gegangen, wo er für renommierte Zeitungen geschrieben hat. Er hat zwei Gedichtbände auf Arabisch veröffentlicht und ist Herausgeber zahlreicher Werke zur Politik und Soziologie. Seit 2017 lebt Hussein Bin Hamza mit seiner Familie in der Nähe von Hannover. „Ich spreche von Blau, nicht vom Meer“ wurde mit dem Chamisso-Publikationsstipendium 2019 der Bayrischen Akademie der Schönen Künste ausgezeichnet.

Hussein Bin Hamza
Ich spreche von Blau, nicht vom Meer
Gedichte
arabisch/deutsch
Übersetzt von Günther Orth
Hrsg. von Monika Lustig
Mit einem Nachwort von Michael Krüger
96 S. / 17 € [D], 17,50 € [A]
ISBN 978-3-9819763-6-6
ET 25. Februar 2020
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Jodel arbeitet als Toningenieur bei der Polizei, wo er Aufnahmen analysiert, um zur Aufklärung von Verbrechen beizutragen. Als er die elfjährige Jeanne kennenlernt, begreift er schnell, dass sie an derselben Gabe „leidet“ wie er: an Hyperakusis, einem extremen Hörvermögen. Die beiden freunden sich an: Jodel will Jeanne das zielgerichtete Hören beibringen, damit sie nicht im Lärm der Welt ertrinkt. Außerdem macht er die Bekanntschaft von Ulan, einem Russen, der in einem verlassenen Industriegelände mit anderen Ausgebooteten aus aller Herren Länder haust. Und er trifft Jeannes Mutter, Jaumette, eine Komponistin, und verliebt sich in sie.
Belinda Cannones Roman Vom Rauschen und Rumoren der Welt zieht die Leser in den Sog von Jodels Nachdenken über die Liebe, die Welt und die Sonderlinge in ihr: Wie gelingt es uns, inmitten von Chaos und Gewalt nicht die Ohren zu verschließen, sondern unseren moralischen Kompass zu bewahren? Wie bleiben wir empfänglich für den Lärm des Lebens, und wie können wir daraus Musik gewinnen? Und wo ist ein Platz für Menschen, die nicht der Norm entsprechen? Die französische Autorin entfaltet ein Netz aus Begegnungen, und ein erotisches Szenario, dessen Fäden sie in die Hände der Komponistin Jaumette legt, der „Ordnerin des Klangchaos“. Ein hochaktueller, sinnlicher Ideenroman, der dem Schrecklichen und dem Schönen gleichermaßen nachlauscht und beim Zuhören Widerstandskräfte entwickelt.
Belinda Cannone, von sizilianisch-korsischen Eltern in Tunesien geboren, als französische Autorin zum ›Chevalier de la Légion d’Honneur‹ ernannt, hat zahlreiche Romane, darunter „L’Homme qui jeûne“, „Nu intérieur“ verfasst. Als Essayistin ist sie eine gewichtige Stimme in der internationalen Feminismusdebatte; ihre Essays „L’Ecriture du désir“; „La Sentiment d’imposture“ wurden mit bedeutenden Preisen ausgezeichnet. Sie lehrt als Assistenzprofessorin für vergleichende Literatur-wissenschaften an der Universität Caen Basse-Normandie.

Belinda Cannone
Vom Rauschen und Rumoren der Welt
Roman aus dem Französischen von Claudia Steinitz und Tobias Scheffel
256 S., 22 € [D], 22,70 € [A]
ISBN 978-3-9819763-4-2
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„Einen Migranten kann man erst verstehen, wenn man seine Geschichte gehört hat“: In seinem biografischen Essay erzählt der albanische, auf Griechisch schreibende Autor Gazmend Kapllani von den Jahren im „Irrenhaus“ des stalinistischen Regimes, von seiner Flucht nach Griechenland und vom schwierigen Ankommen am Sehnsuchtsort, der „Welt jenseits der Grenze“. Gemeinsam mit seinen Leidensgenossen landet er in einem griechischen Flüchtlingscamp: ein weiteres System von Unmenschlichkeit und Absurditäten, dem er dank eines Filmregisseurs entkommen kann. Doch die Bilder vom Goldenen Westen prallen auf eine Realität, die trotz vermeintlich gelungener Integration eine fremde bleibt.
Die von schwarzem Humor grundierten Schilderungen des Alltags in Albanien und im griechischen Flüchtlingscamp wechseln sich ab mit tiefgründig-selbstironischen Reflexionen über das Migrantensein und die Bedeutung von Grenzen, den sichtbaren wie den unsichtbaren. Wie umgehen mit der Zerrissenheit, mit der trügerischen Erinnerung und mit der Furcht der Einheimischen gerade vor denen, die wirklich angekommen, eben nicht mehr „anders“ sind? Ein Lehrstück über das Migrantenschicksal durch die Generationen hinweg, das heute mehr denn je seine dramatische Gültigkeit behauptet.
Gazmend Kapllani, 1967 in Lushnja, Albanien geboren, erlitt mit seiner Familie unter Enver Hodschas Regime massive Repressionen. 1991 flüchtete er nach Griechenland, wo er 24 Jahre unter anderem als Universitätsdozent und Journalist großer Tageszeitungen wirkte. Im Interview am Ende des Handbuchs streift Kapllani die schmerzhafte Erfahrung von Schikanen durch die neofaschistischen Rechten in Griechenland, die letztendlich zur Ablehnung seines Einbürgerungsgesuchs durch eine linke Regierung geführt hat. Heute lebt Gazmend Kapllani als Universitätsdozent in den USA und fühlt sich mehr denn je als leidenschaftlicher Europäer.

Gazmend Kapllani
Unentbehrliches Handbuch zum Umgang mit Grenzen
Biografischer Essay
Aus dem Griechischen von Nina Bungarten
Mit einem aktuellen Interview des Autors
176 S. / 19 € [D], 22,70 € [A]
ISBN 978-3-9819763-5-9
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Vom Grenzsyndrom, Fremd-Sein und von der Liebe zu Europa: der albanische Autor Gazmend Kapllani
Der albanische, auf Griechisch schreibende Autor Gazmend Kapllani erzählt in seinen Büchern die Geschichte Europas von den Peripherien aus, „denn von diesem Blickwinkel aus, davon bin ich fest überzeugt, ist sie viel besser zu beobachten“. Sein Unentbehrliches Handbuch zum Umgang mit Grenzen (ET 25. Februar) wird dabei zur Chiffre für das Schicksal des Migranten, der Fremder bleibt, so gut er auch integriert sein mag, und für eine „Heimat“, die sich nicht verorten lässt.
Hier ein Auszug aus dem Interview am Ende des Bandes: Kapllani berichtet darin auch über die Ablehnung seines Einbürgerungsantrags in Griechenland.
Wir lesen heutzutage in der deutschen Presse so manches über das stalinistische Regime unter Enver Hodscha: Es heißt, diese historische Periode sei nicht gründlich genug oder überhaupt nicht aufgearbeitet.
Gazmend Kapllani: „Dieses blutrünstige Regime hielt das Land für ein halbes Jahrhundert vom Rest der Welt isoliert und verwandelte es in einen tristen und paranoiden Menschenzoo, in dem jedoch selbst die Zoobesucher verboten waren. Das politische und kulturelle Desaster, das daraus resultierte, ist nur schwer zu beschreiben; seine Auswirkungen jedoch werden noch weitere Generationen beschäftigen. Diktaturen dieser Art sind wie Atombomben. Albanien lässt sich nur begreifen, wenn man es auch als festen Bestandteil der mühsamen, qualvollen, aufgewühlten Geschichte Europas insgesamt beurteilt, d. h. wenn man es als Teil Osteuropas während des Kalten Kriegs betrachtet. (…)
Zum Thema Aufarbeitung in concretis: Auf der einen Seite haben wir es mit einem kleptokratischen und mafiösen Kapitalismus zu tun, auf der anderen mit einer finsteren Vergangenheit, die Tag für Tag unser Gewissen vergiftet hat. Wir stehen vor der Notwendigkeit, uns der quälenden Gewissensfrage zu stellen, nämlich zu klären: Wie ist es möglich, dass ein Großteil der albanischen Gesellschaft zum Erfüllungsgehilfen, zum Komplizen eines so unmenschlichen Regimes wurde? Genau darum geht es ja. Doch um dieser großen Verpflichtung nachkommen zu können, bedürfen wir einer kleinen Unterstützung seitens unserer europäischen Freunde. Nach so vielen Jahren der Selbstisolation müssen wir uns als Teil des europäischen Kontinents fühlen, als Teil der Europäischen Union. Für uns ist das eine existenzielle Frage.“
Als die griechischen Autoritäten dir nach 24 Jahren im Land die griechische Staatsangehörigkeit verweigert haben, welche waren deine Reaktionen? Sicherlich war es eine bodenlose Enttäuschung?
Kapllani: „Das ist eine sehr schmerzhafte Geschichte. Es handelt sich in der Tat um einen echten juristischen und politischen Skandal; zugleich ist die Geschichte sehr komplex. Denn in Griechenland bin ich zu einem überaus bekannten Schriftsteller und Journalisten geworden. Doch genau aus diesem Grund geriet ich auch ins Visier obskurer Apparate des griechischen Staats und der Faschisten. Griechenland ist ein besonders ungastliches Land gegenüber jedwedem, der einer Minderheit angehört – mit Ausnahme der Minderheit der Touristen. (…) Auf der Gegenseite steht die griechische Linke, die zwar gastfreundlicher und gegenüber den Einwanderern offener ist, jedoch oft von einer stark populistischen und extrem autoritären Mentalität beherrscht ist. Diese Linke kann gegenüber einem kritischen und unabhängigen Denken äußerst misstrauisch sein, besonders wenn dahinter Personen stehen, die sich am Rande des Systems befinden. Es war in der Tat die regierende Linke, die auf die zynischste Weise, die man sich nur vorstellen kann, meinen berechtigten Antrag auf griechische Staatsbürgerschaft abgewiesen hat. Indem sie das tat, ist sie paradoxerweise einem der großen Anliegen der extremen Rechten und der griechischen Neonazis nachgekommen. (…) Griechenland nach so vielen Jahren zu verlassen (…) habe ich als regelrechte Verstümmelung auf kultureller und persönlicher Ebene erlebt, als hätte man mich eines oder mehrerer Gliedmaßen beraubt. Die Spuren, die dieser Akt der Gewalt in mir hinterlassen hat, sind tief, und ich hoffe, sie literarisch eines Tages verarbeiten zu können: Mir daraus eine Lebensphilosophie schmieden.
Meines Dafürhaltens bin ich jetzt, da ich in den USA lebe, mehr Europäer geworden. Hier habe ich die Möglichkeit, die moderne europäische Geschichte zu unterrichten. Meine Herkunft aus dem Balkan gestattet mir einen anderen und noch vielschichtigeren Blick auf Europa. Ich vermittle meinen Studenten viel Wissen über die Balkanstaaten und Osteuropa, damit sie lernen: Europa ist nicht gleichbedeutend mit jenen sechs oder sieben reichsten nordeuropäischen Ländern. (…)“
Gazmend Kapllani, 1967 in Lushnja, Albanien geboren, erlitt mit seiner Familie unter Enver Hodschas Regime massive Repressionen. 1991 flüchtete er nach Griechenland, wo er 24 Jahre unter anderem als Universitätsdozent und Journalist großer Tageszeitungen wirkte. Heute lebt Gazmend Kapllani als Universitätsdozent in den USA. In seinem biografischen Essay Unentbehrliches Handbuch zum Umgang mit Grenzen berichtet er von den Jahren unter der Diktatur, von seiner Flucht und vom schwierigen Ankommen am Sehnsuchtsort.

Gazmend Kapllani
Unentbehrliches Handbuch zum Umgang mit Grenzen
Biografischer Essay
Aus dem Griechischen von Nina Bungarten
Mit einem aktuellen Interview des Autors
176 S. / 19 € [D], 22,70 € [A]
ISBN 978-3-9819763-5-9
Pressekontakt und Rezensionsexemplare:
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