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Mediterrane Sprachwelten
Das Medi-terra-neum, das Meer „zwischen den Ländern, das mit den vielen Namen: für die Römer „Unser Meer“, für die Türken „Das weiße Meer“, für die Juden das „Große Meer“, für die alten Ägypter das „Große Grün“. An seinen Küsten siedeln seit vielen Jahrtausenden die verschiedensten Völker, sind mannigfaltige Kulturen lebendig. Als vor Zeiten Kaufleute, Pilger, Krieger und Seeräuber seine Wasser befuhren, entwickelte sich eine Region, die in ihren Hochzeiten die weltweit intensivsten Wechselbeziehungen pflegte.
Heute ist diese Region als geopolitischer Raum, unter den Nationen aufgeteilt, zu einem Festungsgraben vor europäischen Gestaden degradiert. Wechselbeziehungen scheinen nur in Form von Warenwerten – Fangquoten, Energievorkommen, Tourismusindustrie – möglich. Über dem Ganzen wabert eine Wahrnehmung, die von Klischees und trennenden Rastern geprägt ist.
Die Edition CONVERSO will – wie bereits im Namen anklingt – die Kehrseite der Dinge ans Licht holen; spannt dazu Literaturen aus allen Regionen rings um Mittelmeer, Adria und von den Küsten Kleinasiens ein: Widerstand und Aufklärung. Aufbrechen stereotypisch, rassistisch geprägter Denkmuster.
Hier hält Amphitrite mit IHREM Dreizack den Programmstab: Sie, nicht Poseidon (Neptun) war die eigentliche Herrscherin über die Meere und den Fischfang, der machtgierige Mann hat ihr das Szepter trickreich entwendet, qua Heirat.
Im Denkmodell eines grenzen-losen Kosmos, der über Nationalismen und kolonialistische Vergangenheiten hinweg alle mediterranen Regionen als etwas Zusammenhängendes, sich gegenseitig in seinen Identitäten Befruchtendes darstellt – bringen die schön gestalteten Bücher historische, politische, gesellschaftliche Ereignisse, Katastrophen oder Umwälzungen ans Licht, die in unseren Breiten unbekannt, vergessen oder verdrängt sind.
Das „Gegen-den-Strich-Bürsten“ eingefahrener Sichtweisen schafft Literatur mit politisch-aufklärerischem Anspruch, eingelöst mit genuin literarischen Mitteln: Der Wirklichkeit wird auf raffinierte Weise nicht nur ein Spiegel vorgehalten – die Lesenden müssen hinter diesen blicken.
Alle literarischen Formen sind da gefragt. So auch Liebeserklärungen an die Sprache als solche: die globale Sprache. Die der Liebe. Zur Verbreitung aller Botschaften werden auch die Fische eingespannt: Schließlich ist das Meer i h r Lebensraum.
Programmvorschau Frühjahr 2023
The World of Mediterranean Languages
Medi – terra – nean – means: that which is between the soil, the mainland. A sea that connects the dry land and its countries. Instead of separating them. It has many names: Our Sea (the Romans), the White Sea (Arabs, Turks), the Big Sea (Jews): the sea moistening so many religions. The gods have always joined the traders, but also the slaves and pilgrims, on their ships, sailing with them across this sea. The Mediterranean is famous as the region that has seen the most intense interrelationships between different societies and cultures. Today, overfished, and functioning both as a touristic region and a mass grave, the Mediterranean is at risk to become a STONY SEA, a place where our humanity is congealing into stone.
For the Greeks, the Mediterranean was also “the sea here” (that is, the one east of the Strait of Gibraltar). It is from this term that the Roman formula “mare internum,” or “the sea that is close to us,” originates. “Us” referred to the then known, moderately cultured part of mankind; the expression could thus be translated as “the Sea of Mankind.”
Even though the Romans since the time of Cesar always talked about the “mare nostrum,” expressing their pride in their empire, this “our” always also included the many cultures that were part of this Roman Empire. To cite Rolf-Bernhard Essig, this had nothing to do with simple imperialism and the big talk of a big power.
The countries on its coasts, including the Adriatic ones, are seen as without borders. Just as the LANGUAGES – breath, ring, sound – don’t know borders and don’t stop at any one of them. They are alive, eternalized in writing. Linguistic worlds depict human beings and societies, not necessarily nations. The water of Edition Converso consists of condensed words and sounds: of literature, poetry, art, and knowledge. All of this merges into a river which, this is our hope, will disgorge into the sea and turn the Mediterranean into a peaceful water fecundating humanity and making civilization flower. A water that makes massive waves, a water into which the fish return.
Übersetzende ins Rampenlicht
„Übersetzende ins Rampenlicht“, so heißt eine neue Aktion der Edition Converso. Denn was wäre die Weltliteratur ohne das „Über-Setzen“ von einer Sprache in die andere? Wie arm wäre die Welt ohne diese Kunst? Unsere Übersetzerinnen und Übersetzer lesen vor der Kamera Lieblingsstellen aus den Büchern, die sie für uns übertragen haben.
Doris Wille liest Lieblingsstellen aus ihrer Übersetzung "Die Nadeln des Aufstands. Eine Kulturgeschichte des Strickens" der griechischen Autorin Katerina Schiná. Ein vielseitiger, unterhaltsamer Essay über das subversive Potenzial des Handwerks Stricken und Häkeln: "Bunt, humorvoll und reich an Überraschungen." Sachbuch-Bestenlisten der ZEIT
Aktuelles
Unsere Novitäten im Frühjahr 2023
No. 17
Antoine Volodine
Einige Einzelheiten über die Seele der Fälscher
Sie sind ein außergewöhnliches Paar: das ehemalige RAF-Mitglied Ingrid und ihr Jäger Kurt aus dem BKA, der sich anhand ihres Fahndungsfotos unsterblich in sie verliebt hatte. Dennoch oder gerade deswegen verhilft er ihr zur Flucht. In den letzten gemeinsamen Tagen in Lissabon steht zwischen ihnen Ingrids titelgebender Schlüsselroman über den Untergrundkampf, den sie im fernen Exil schreiben will: Literarische Polit-Fiction voller Rückbezüge auf den Terrorismus der 70er–80er Jahre. Mit großer poetischer Kraft und unbezähmbarer Phantasie entwirft Antoine Volodine ein Requiem auf die Nachkriegswelt, nimmt dazu die gängigen Totalitarismen auseinander, verpasst seiner Frustration über das zwangsläufige Scheitern aller Revolutionen einen teils schmerzlichen, teils erschreckend humorvollen Ausdruck. Atmosphärisch von enormem Sog.
Roman · Aus dem Französischen und mit einem Nachwort von Holger Fock
OT: Lisbonne dernière marge
ET: Januar 2023
Seiten: 320
Ausstattung: HC, gebunden, Lesebändchen, bedruckter Vorsatz
ISBN: 978-3-949558-14-6
Preis: € 25,00 [D] / € 25,70 [A]
No. 18
Leonardo Sciascia
Die Affaire Moro. Ein Roman
Ein J’accuse – das heute lauter denn je in den Ohren klingt
In seinem Pamphlet – eine nackte und unerbittliche Suche, nach der nackten und unerbittlichen Wahrheit – über die Hintergründe der Entführung und Ermordung des italienischen Spitzenpolitikers Aldo Moro (seinerzeit Parteivorsitzender der Democrazia Cristiana) durch die Brigate rosse im Jahr 1978 setzt sich Sciascia mit der zynischen Sprache der Macht, den verbrecherischen Strukturen des Staats, dem Verlust sämtlicher moralischer, christlicher Werte einer Politikerriege auseinander, die nur auf Machterhalt aus ist. Er seziert die (teils verschlüsselten) Briefe Moros, der sich über 55 Tage im „Volksgefängnis“ für die gesamte Partei vor einem Vergeltungsgericht (contrappasso) verantworten soll, in dem die Brigadisten sich als Richter aufspielen.
Moro kämpft mit luzidem Verstand gegen die Ungeheuerlichkeit seiner Freunde, die ihn für verrückt erklären wollen, um sein Leben. Nie war er gefährlicher für sie; wusste er, der am wenigsten in die Machenschaften verwickelte (Pasolini), doch zu viel. Ist letztlich im richtigen Moment gestorben (Elias Canetti). Zum Tode verurteilt durch die unbeugsame Linie der Nichtverhandlungsstrategie eines Staates, der sich über alle Gesetze der Menschlichkeit hinweggesetzt hat.
Mit einem Nachwort von Fabio Stassi: Der Leser als Detektiv
Neu aus dem Italienischen übersetzt von Monika Lustig
OT: L’affaire Moro © Grasset 1978 / Sellerio editore 1978
ET: März 2023
Seiten: 240
Ausstattung: HC, gebunden, Lesebändchen, bedruckter Vorsatz
ISBN: 978-3-949558-18-4
Preis: € 24,00 [D] / € 24,70 [A]
No. 19
Maria Topali
Die Wurzeln lang ziehen
In ihrem Memoir, ergänzt um rund dreißig Gedichte, erzählt die griechische Autorin und Lyrikerin Maria Topali von ihrer aus der Pontos-Region am südlichen Schwarzen Meer stammenden Familie, in der sich die „Kleinasiatische Katastrophe“ vielschichtig spiegelt: so die Bezeichnung der Griechen für die Konsequenzen des verlorenen griechisch-türkischen Kriegs (1919–1922). Höhepunkt waren der Brand und das Massaker von Smyrna; dann 1923 in Lausanne die griechisch-türkische Vereinbarung über den Bevölkerungsaustausch: die Vertreibung von 1,2 Millionen Griechen aus ihrer Heimat (heute Türkei) und von 400.000 Muslimen oder „Türken“ aus dem heutigen Griechenland. Einziges Kriterium: die Religionszugehörigkeit. Das Trauma hallt in der Region bis heute nach. In ihrem Zeugnis der Makro- wie Mikrogeschichte stellt Topali, gegen Scham und Verschweigen ankämpfend, beide, die türkische wie die griechische Täterseite in den Vordergrund. Letztlich geht es ihr um ein Miteinander, wie es über Jahrtausende möglich war. Mit einer historischen Einordnung von Mirko Heinemann.
Eine pontische Spurensuche nach der Kleinasiatischen Katastrophe
Mit einer historischen Einordnung von Mirko Heinemann
Essay und Lyrik
Aus dem Griechischen übertragen von Doris Wille und Birgit Hildebrand
OT:
ET: März 2023
Seiten: 208
Ausstattung: HC, gebunden, Lesebändchen, bedruckter Vorsatz
ISBN: 978-3-949558-11-5
Preis: € 24,00 [D] / € 24,70 [A]